… als Sau
Um für mich die Fahrt in die Stadt etwas gemütlicher zu gestalten, wähle ich dazu dasTram, anstelle der schnelleren und immer überfüllten S-Bahn. Der wartende 4-er an der End-, resp. Anfangsstation ist praktisch leer.
Kaum sitze ich, stürmen zwei junge Kerle an mir vorbei und setzen sich direkt auf die zwei Bänke hinter mir. Sie quatschen angeregt miteinander. Erst achte ich gar nicht darauf. Erst als der eine ganz vehement ausruft: „Hier stinkt doch etwas!“, denke ich für mich, ja natürlich nach abgestandenem Zigarettenrauch…! „Die hat sich sicher mit Dior voll gesprüht!“ Da kichert der andere „Dior? Das schmeckt doch nach WC-Ente!“ – „Jupp, genau! Läck das fahrt ii! Ich bekommen Kopfschmerzen!“ – „und ich ko…. fast! Die hat doch sicher die Hosen voll!“
Soll ich aufstehen und an einen andere Platz suchen? Doch es ist wie verhext, das bereits ein paar Stationen fahrende Tram ist pumpenvoll. „Richtig unanständig, diese Sau!“, hallt es weiter hinter mir. Ich denke: „Die meinen sicher die Person, die hinter ihnen sitzt…!“ – „Richtig kake!“, lamentieren die beiden weiter. In diesem Moment steigt eine Kollegin zu: „He, tschau Mutti! Lässig, dass ich dich auch noch treffe! Gehst du auch in den Sprüngli!“ „Nein, muss rasch ins Geschäft meine Arbeiten abliefern!“ – „Na, dann treffen wir uns nachher noch beim Grieder? Muss dort noch etwas posten!“ Jetzt johlen die zwei hinter mir: „Was diese Pfunzel, die versteht ja schweizerdeutsch! Vorhnehm! So eine Stinksau!“ – „He säg! Warum reagiert die nicht!“ Ich beisse auf die Zähne und gucke meine Kollegin an. Die merkt überhaupt nichts und spricht weiter von wegen Sommermode usw. Die beiden verlassen endlich das Tram. Aber sie rempeln mich dabei kurz an: „Du Sau!“ Ich zucke mit meinen Schultern und wünsche den beiden im breitesten Glarnerdialekt: „Hebet doch nuch ä guets Tägli!“ Innerlich zitternd atme ich tief aus: „Sag, mal stinke ich wirklich?“ – „Duuu, wie kommst du darauf?“ „Ach, die zwei da draussen…. Komm vergisse es!“ Da tippt mir ein älterer Herr auf die Schulter. „Gratuliere Madam! Ihre Nerven sollten man haben! Wissen sie, die zwei sind bekannt dafür, ältere Damen anzumachen und Streit zu provozieren!“ Ich mag überhaupt nichts dazu sagen und kämpfe mit den Tränen. Aus meiner Tasche fische ich meine Pet-Flasche und trinke ganz undamenhaft einen riesigen Schluck Wasser. Zu meiner Kollegin sage ich: „Endlich getraue ich mich, seit meiner Krankheit, wieder in die Stadt – und – ausgerechnet dann werde ich so gemein angemacht!“
Noch vor ein paar Wochen, wäre ich bei einer solchen Situation aus dem Tram gestiegen und mit dem nächsten wieder nach Hause gefahren. Ach ja, und in meinen jüngeren Jahren, hätte ich mich nicht so zurückhaltend damenhaft verhalten. Dann wäre die Rechnung für die zwei armen Deppen tatsächlich noch aufgegangen …
http://www.toonpool.com/cartoons/Parfüm_54849
www.ksta.de/ks/images/ mdsBild/1247646957857l.jpg (Bild oben) und siehe auch Artikel:
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