Von Prinzipien und Prioritäten
Sitze in einem Abteil mit drei sehr hübschen siebzehnjährigen Frauen… Mein Gegenüber heisst Brigit, schräg gegenüber sitzt Maria und neben mir Milena! Habe die Namen auf Grund ihres Gesprächsinhalt heraus gefunden…
Sag Milena, wieso kommt dein Jürg heute nicht mit uns!
Ist nicht mein Jürg!
Das darfst du nicht sagen!
Egal, ich mache was ich will!
Aber wenn ich einen Freund hätte, den ich liebe, würde ich jede freie Minute mit ihm verbringen…
Ist eben nicht mein Freund…
Du bist gemein!
Du benutzt ihn einfach?
Ja, sicher muss Prioritäten setzen, erst die Schule, dann die Männer…
Och, so streng habt ihr’s nicht im Gym… müsstest mal bei uns….
Ach du immer mit deinem Gym Zürich! Willst immer die Bessere sein!
Was hat das mit Jürg zu tun?
Also, ich finde auch, dass du Jürg nicht verarschen sollst!
He, Mann, was geht dich das an?! – Och, hab meinen Ausländerausweis vergessen..
Brauchst den nicht fürs Kino – hast du wenigsten den Studentenausweis dabei?
Ja, du Kluge!
Du bist heute aber gut drauf…!?
Ach, mit solch scheisse Typen wie Brigit…
He geht’s dir noch! Und duu bist verwundert, dass meine Eltern dich nicht mögen und mir den Umgang mit dir verbieten?
He, du bist so ein Arsch mit deinen Eltern und ihren Prinzipien.
Seid easy Mädels – wir feiern ja bald gemeinsam Sylvester in Paris?
Ach ja, muss aber bis Mittag arbeiten!
Och, du und deine Kassen-Jobs! Bist echt krank! Zum K….
Geht es dir noch?! Ich brauch das Geld, damit ich in den Domenikanischen meine Grosseltern besuchen kann. Mein Eltern zahlen nur…
Sei nicht so gemein Milena! Brigit muss sogar ihren Paristripp selber finanzieren.
Uebrigens … meinen Eltern ist es auch nicht egal, wie ich mit ihren Moneten umgehe. Paris haben sie mir im Fall auch noch nicht bewilligt…
So, ihr seid echt blöd. Auf alle Fälle nehmen wir am 31. den 16.00 Uhr Zug nach Paris, dann sind wir um 21.30 Uhr dort und können endlich, hey easy, abfeiern!
Ja, aber wir müssen dann zuerst einchecken…
Wieder deine prinzipiellen Prioritäten – mein Sylvestermotto ist: Erst feiern, dann Hotelzimmer…
Klaro! Bin auch daubei. Wir haben doch praktisch kein Gepäck bei uns, schon damit die Eltern nicht merken, was wir vorhaben!
Meine Eltern wissen, dass ich den Sylvester in Paris feiern möchte…! Darum gehe ich zuerst einchecken, dann in die Stadt!
Du bist echt blöd, dass können wir morgens um fünf immer noch! Musst du immer die Edle sein und deinen Alten alles erzählen?
Ich setze eben Prioritäten.
Du, doch immer – Weisst du eigentlich was du, rhetorisch gesehen, damit meinst?
He, was soll das jetzt?! Was weisst duuu schon über Rhetorik?!
He Mili, deine Frage ist sowieso im Kontext gestellt und bildet eine Scheinfrage – reine Provokation mir gegenüber. Deine Provokation ist eine ungemein fiese Beleidigung!
He easy, das ist ein klassischer Parenthese – Satz!
Mir fällt ein, wollen wir Sylvester nicht in Florenz feiern? Da hat es doch so viele Kunstwerke!
Genau, von wegen Kunst, da wüsste ich noch etwas besseres! Moskau und Sankt Petersburg könnten wir einziehen… Das wäre mega geil!
Ihr seid echt sooo blöd – Kunstwerke in zwei Tagen! He Mann, Prioritäten!
Wir sind jetzt in Zürich!
Das Handy klingelt:
Ja, Tschou Mami, warum ich dich vorhin angerufen habe!? Wollte dir nur mitteilen, dass ich etwas früher in die Stadt gehe! Aeh, bin eigentlich schon da! Also bis später! …. Ja ja jaaah pünktlich!
He Mann! Pass auf deine Absätze auf – Hast meinen Fuss voll getroffen.
Gröl,gröl!
He echt!? Voll auf deinen Fuss!?
Gröl, gröl:
Bist du sicher? Ech voll krass auf deinen Fuss!?
Gröl, gröl!
Schade, ich fahre mit dem Zug weiter nach Winterthur – hätte den Dreien noch gerne zugehört! So lehne ich mich zurück und erinnere mich an meine Jugendzeit zurück. Da haben meine Freundinnen und ich, ebenso enorm selbstbewusst, geistreiche Gespräche geführt und meistens für alle sichtbar erst noch den Pschyrembel auf uns getragen.
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