Tatatattammmm

Beethovens Fünfte

Der heutige Wintertag stimmt mich etwas traurig. Draussen weisslich graue Stimmung!   Klassik-Radio schmettert die ersten Takte  von Beethovens Fünfte: „Tatatattaammmm – tatatattaammmm….!“ „Oh, Gott nein!“, schallt es in mir… doch beim nächsten „tatatattaammmm“ hellt sich meine Stimmung merklich auf. Denn…

… Beethovens Fünfte erinnert mich an gemütlich lustige Sonntage meiner Kinderzeit! Der jüngste Bruder meiner Mutter, Zio Cece, ist ein ganz witziger Typ. Wir Kindern nennen ihn so, weil er bei allem und jedem, ob positiv oder negativ, immer genüsslich vor sich hin kichert! – Und – Onkel Cece  hat seine Prinzipien – kaum ist er in unserem Wohnzimmer lässt er sich in den bequemsten Sessel fallen. Dann kramt er umständlich in seinen Hosentaschen und legt einen Stumpen, mit all den dazu gehörigen Utensilien, triumphierend auf den Salontisch… Er gibt meinem Vater ein Zeichen, und aus dem Lautsprecher unseres Plattenspielers ertönt das gewaltige „Tatatattaammmm – tatatattaammmmm“. Meine Mutter serviert, das Lachen verbeissend den Apero und bittet Zio Cece, dass er doch bitte erst nach dem Mittagessen seine Zigarre anzünden solle. Doch Zio macht, wie immer, was er will und schon qualmt es gewaltig. Die Tante schimpft und zetert: „Lass die Asche nicht wieder über deine Kleider fallen…!“ Onkel Cece kichert und überhört schon ganz relaxt ihr Gekreische. Er  schmettert seinerseits ein lautes „Tatatattaammmm….!“  Gleichzeitig prostet er meinem Vater zu, schluckt etwas Cynar – kichert wieder – trinkt nochmals einen Schluck. Er bekommt ganz rote Backen und die Tante wird dafür etwas weisser im Gesicht. Sie nippt ganz vornehm an ihrem Getränk und verzieht ihr Gesicht, ihre Lippen werden dabei immer schmaler. Wieder ertönt ein „Tatatattaammmm – tatatattaammmm….!“ aus dem Lautsprecher und fast eben so laut aus der Kehle von Zio Cece. Meine Mutter grinst und nickt belustigt zu meinem Vater und verzieht sich gut gelaunt in die Küche. Herrlicher Bratenduft entschwindet aus der Esswerkstatt und macht sich im ganzen Haus breit. Mein Onkel gibt meinem Vater ein Zeichen. Das herrliche Tatatattaammmm – Tatatattaammmm  erklingt noch lauter. Zio Cece kichert, mit einem schrägen Seitenblick zur Tante. Er zieht wohlig zufrieden an seinem Stumpen und verdrückt seinen zweiten Cynar!

Sobald  das Essen aufgetragen wird, legt mein Vater (wiederum auf Zio Cece’s Wunsch) Beethovens Sechste auf. Diese etwas ruhigere aber nicht minder melodiöse Melodie behagt uns Kindern nicht so ganz! Doch Zio Cece übersieht unser Unverständnis für „seine Musik“ ganz charmant und giesst uns zur Aufmunterung, einen „Gutsch“ Wein in unseren Sirup. Meine Eltern finden das nicht so lustig – meine Tante noch weniger. Wir Kinder nippen trotz Protest an dem roten Zeug. Mit einem „Aegg grusig!“  ist  dieses Problem auf jeden Fall gelöst.

Falls es euch interessiert: wenn wir Zio Cece an einem anderen Sonntag besucht haben, ist die Empfangs- und Esszeremonie ebenso abgelaufen, wie oben beschrieben. Halt, etwas ist doch anders gewesen. Das Ohren gewaltige Beethovsche „Tatatattaammmm!“ schien uns nicht so laut. Der Onkel kicherte nicht so viel. Das Stumpenritual hat nicht stattfinden dürfen. Dafür hat die Tante den Erwachsenen zum Apero Schampus aufgetischt und uns Kindern einen Rimus! Sie hat jeweils meine Eltern mit einem verächtlichen Seitenblick traktiert und gemeint: „In unseren Kreisen…!“  Zio Cece ist ihr dabei jedes Mal ins Wort gefallen, indem er hüstelnd sagte: „Könnte es sein, dass in der Küche etwas anbrennt!?“

Ach ja, noch etwas: die gegenseitigen Besuche endeten jeweils mit Verdis berühmtem „Gefangenenchor“, auch auf Wunsch von Zio Cece.


Kommentare

2 Antworten zu „Tatatattammmm“

  1. Soo viel Text… und soo wenig Zeit. Doch das Bild ist nicht schlecht 😉

  2. Hey Büchi,
    ja das Bild ist herrlich – da braucht man den Text gar nicht mehr zu lesen. Jetzt wissen wir, warum Beethoven schwerhörig und dann noch taub war! Der Arme!
    Ach ja, eine Trompeter im Ohr, vertreibt jeden Floh!
    Gruss Mutti

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