Engelspost am Palmsonntag

Der Palmsonntag ist für katholische Jugendliche ein feierlicher Tag. Es ist der Tag ihrer ersten Kommunion! Mütter, Grossmütter, Onkel, Tanten, Gotten, Nachbarn und Andere beehren den Erstkommunikanten/tin mit speziellen feierlichen Karten und irdischen Geschenken.

Ich bein gerade beim Jäten, da ruft meine Nachbarin:
„He, Chicca nächstes Wochenende ist bei uns was los, wir feiern Kommunion! Meine Eltern kommen extra aus Deutschland angereist.“ „Ui Nachbarin, dann hast du aber das Haus voll!“, entgegne ich etwas gedehnt! „Nein, nein, nicht so schlimm! Weisst du die Tochter meiner Schwester hat auch Kommunion, so verteilt sich die Sache auf zwei Seiten!“, klärt sie mich auf.

Am Samstag, ich stehe in der Küche und sinniere an einem Kommunions-Glückwunschtext für unser Nachbarskind. Etwas Schokolade und zwanzig Franken habe ich bereits liebevoll verpackt. Eh, was ist da los! Der Nachbarjunge rennt mit schönem Anzug die Strasse runter – hinter ihm folgt die Schwester mit hochtoupierter Prinzessinnenfrisur. Auch der kravattierte Vater, sowie die herausgeputzte Mutter sind in Eile! „He, Vaterli!“, rufe ich. „Da drüben ist was los! Unsere Nachbarsfamilie hat es eilig! Gehen die jetzt schon feiern?“ „Kann schon sein,“ brummelt Vaterli, „Am Sonntag hat doch niemand mehr Zeit für Kirchenzeugs! Auch die Pfarrherren passen sich unserem modernen Lebensrhythmus an!“

Tatsächlich! Am Sonntagmorgen sitzt die ganze Nachbarsfamilie mit Grosseltern und allem Drum und dran ganz relaxend im Garten! Keine Spur von Eile oder Kirchgangzeremonie. „Och! Vaterli, du hattest recht! Die Kommunion hat doch schon am Samstag stattgefunden! Schau, die liegen da im Garten und denken gar nicht daran sich für eine Feier fein zu machen!“ Mein Mann entgegnet: „Hast du das Geschenk dem Jungen schon übergeben?“ „Eben nicht!“, rufe ich etwas genervt. Schnell hole ich das Schokipäcklein mit der der selbst fotografierten und für diesen Tag expliziert getexteten Karte aus der Küche und überreiche das Ganze, dem bereits gestern gefeierten Jungen, über den Gartenzaun!

„Eh, ach, ääh, Chicca, ist das für meinen Geburtstag?“ „Nein, nein, du hattest doch gestern Kommunion!“ lache ich etwas irritiert, aber aus vollem Herzen! Der Junge bedankt sich artig und fragt zaghaft: „Ist das wirklich für mich?“ „Ach, natürlich mein Kind! Ein gesegnetes Engelsbild mit einer Engelsfürbitte, Schokolade und einen Batzen sollen Jungen wie du einer bist, Glück bringen!“ Der Junge eilt zu seiner Familie und schwenkt die Engelspost über dem Kopf und ruft: „Hab‘ von Chicca ein Geschenk bekommen!“ Ich beobachte wie der Kleine das Paket öffnet. Die Glückwunschkarte und das Nötli flattern ihm wie von Flügeln getragen entgegen. Er liest seinen Lieben vor:

„Zur deiner heiligen Kommunion, vom Sonntag, 15. April 2007.

Lieber Erstkommunikant

Wir schenken dir einen Engel
nur für dich allein.
Er möge dich begleiten,
und dein Helfer sein.
usw.
(und ausserdem):
Behüte und begleite mich auf meinem Weg,
und beschirme mich unter dem Schatten deiner Flügel.
usw.

Mit lieben Grüssen
Chicca, Chicco und Herr Olala

Die Nachbarin gluckst und ruft: „He Chicca, was hast du denn da wieder aufgeschnappt! Einzig mein Gottenkind hat gestern Samstag die Erstkommunionsfeier gehabt! Unser Junge hatte die Kommunion vor einem Jahr, aber er ist vorgestern 12 jährig geworden!“
„Hoppla!“, ich verschlucke mich fast! „Na, dann alles Gute zum Geburtstag, lieber Junge! Lausbuben wie du, können auch zum Geburtstag einen gut gemeinten Engelzuspruch gebrauchen!“ Der Kleine nickt und seine Schwester quietscht vor Lachen: „Nur ei Schutzengel? Der brucht öppe zäche vo dene!“
„Warts ab, liebes Mädchen! Im November hast auch du Geburtstag, dann schenke ich dir einen gefitzten Engel!“, erwidere ich augenzwinkernd und schallend lachend! Hab‘ schon eine Idee….

Was habe ich aus dieser Geschichte gelernt?
1. besser zuhören und nicht „meinen“!
2. sich informieren, an welchem Tag gefeirt wird!
3. Texte so neutral als möglich verfassen, damit sie:
a) für alle nennenswerten Jubeltage gelten!
b) für alle möglichen Jubilare bestimmt sind!
und c) nicht missverstanden werden können!


Kommentare

Eine Antwort zu „Engelspost am Palmsonntag“

  1. Oh, dass ist mal wieder eine Geschichte! Aber Hauptsache ist doch, dass der Junge eine Riesenfreude hatte! 😉

    Liebe Grüsse
    benz

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