Die Sonne scheint. Ein leichter Wind weht vom See her über unseren Campingplatz. Ein richtig angenehmer Tag, um draussen das Mittagsschläfchen abzuhalten. Kaum bin ich eingedöst hallt es aus dem übernächsten Garten: „Attendre Ici!“ – „Och, nicht schon wieder!“, stöhne ich etwas verärgert und brumme etwas hörbarer: „Immer dieser Simpel!“ – und verziehe mich mit meinem Liegestuhl in den hinteren Teil unserer Parzelle. Denn, das wundersame störende Schreien meines welschen Nachbarn steht eng im Zusammenhang mit seinen Gartenarbeiten und seinen zwei kleinen Kindern. Sein stetiges Rumwerkeln würde mich überhaupt nicht stören, da seine Parzelle etwas weiter weg von der unseren ist. Einzig das Herumkommandieren mit seinen Kindern ist aufreibend und macht mich etwas hässig. Es sind doch zwei so herzige, stille, sehr aufmerksame und aufgeweckte Kinder!
Heute hat sich mein welscher Nachbar vorgenommen, den Rasen zu mähen. Ernst und fast grimmig dreinschauend schiebt er den Mäher vor sich her. Irgendwie erinnert er mich an einen zu klein geratenen Sumo-kämpfer. Seine Kinder wollen ihrem Papa, wie jedes Mal, bei der Arbeit helfen. Der Knabe ist etwa drei Jahre alt. Mit grossen Schritten eilt er mit seinem Plastikmäher bewaffnet dem fleissigen Vater nach. Das Mädchen im Vorschulalter hantiert mit einem Kinderrechen und erwischt dann ihren Vater hie und da am linken Fuss. Da schreit’s dann postwendend aus Vaters Kehle: „Attendre – Ici!“. Die Hälfte des Rasens ist abgemäht, die Kinder entfernen sich wie auf Kommando vom mähenden Vater. Der Kleine kommt zu mir in den Garten und die Grosse rennt auf eine gegenüberliegende Parzelle. „Attendre – Ici!“, schreit der Vater noch lauter. Der Kleine versteckt sich hinter unserem Wohnwagen. Das Mädchen macht einen Sprung hinter die Gartenhecke. Ein giftig überlautes: „Attendre – Ici!!“, entlädt sich’s aus Nachbars Brust. Der Bub springt zum Vater ergreift schnell seinen kleinen Plastik-Rasenmäher und verzieht sich ins Vorzelt. Das Mädchen seinerseits holt sich den Rechen und trippelt grinsend zur Mutter. Diese ist eine ganz herzige und sympathische Frau, sitzt wie immer, während ihr Mann rumwerkelt, strickend in ihrem Liegestuhl. Meistens lässt sie ihre Kinder in ihrem eifrigen Tun gewähren – so auch heute!
Inzwischen ist der Vorgarten abgemäht. Zufrieden begutachtet der brave Vater sein Werk. Ach ja, die Ränder um die Gartenplatten sind noch nicht perfekt. Schnell holt er sich eine Schere. Wieder wie gehabt ergreifen auch die Kinder irgend ein Werkzeug und wollen dem Vater zur Hand gehen: „Attendre – Ici!“. Vaters Nerven liegen blank, die der Kinder sind stark… Schnell – eilen sie davon, diesmal zur Waldhecke, welche etwa dreissig Meter weiter oben liegt. Da verwirft der Vater sein Werkzeug und keucht den Kleinen nach: „Attendre – Ici!“, poltert er… Die Kinder haben verstanden und nehmen sich bei der Hand und spurten zurück zur Mutter. Diese strickt ohne aufzuschauen weiter… So geht es den ganzen Nachmittag – bis – ja bis alles eben fertig ist und die braven Kinder im Bett sind.
Wieder einmal, an einem Samstag – diesmal ist die Mutter alleine mit ihren zwei Kindern hier. Jetzt bewaffnet sie sich mit dem Rasenmäher und beginnt zu Mähen. Die Kinder, gar nicht faul, wollen der Mutter helfen. Diese nervt sich darüber sehr und schon schallt es über den Platz ganz forsch und harsch: „Attendre – Ici!“. Ich denke: „Die jetzt auch noch!“. Und schon schreit es wieder: „Attendre – Ici!“ Ich frage mich: „Wieso müssen die Kinder immer „Warten – Hier!“?“ Die Kleinen kommen zu mir in den Garten. Da frage ich sie: „ça va?“ – Sie nicken, und ich möchte wissen, wie sie eigentlich heissen. Da berichtet mir die Kleine auf französisch: „Mein Bruder heisst Aton und ich Issi, kommt von Isabelle!“ Ich schlucke dreimal und sage ihnen, sie hätten aber ganz schöne Namen und denke für mich: „Es lautet nicht immer so, wie es sich anhört“
Hab ganz vergessen zu erwähnen, etwa drei hundert Meter von unserer Parzelle entfernt, hat es einen wunderschönen Kinderspielplatz! Dort könnte die Mutter strickend und liebevoll ihren Kindern zurufen: „Très bien Aton!“ oder „Bravo, Issi!“ – Sogar ich würde das richtig verstehen…
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