Wieder einmal sitzen wir …

in unserem Wohnzimmer –

da sagt mein Sohn:

He, mutti! Hier in dieser Ecke sollte man eine Kamera installieren, dann könntest du mal sehen, wie du ruhelos um deine Gäste tanzest.“

Mach halblang! Wenn ich Besuch einlade möchte ich eine gute Gastgeberin sein!“

Gut ist gut! Du machst ja alle konfus mit deinen Fragen – ‚möchtest du noch Wein, Mineralwasser, eine Praline, eine …?‘ – einfach wahnsinnig dein „Betütteln“!

Das machst du doch auch, wenn du Besuch hast, oder?“

Doch nicht so ausgeprägt! Guck dich mal an! Sogar, wenn du niemandem etwas bringen darfst, dann schaust du nach Chicco und fragst ihn, ob es ihm gut gehe, ob ihm die Hühner-Möckli schmecken, ob er sein Bisi richtig gemacht habe … Einfach schrecklich! Reiss dich mal am Riemen, nur zehn Minuten! Bleib dabei hocken und beteilige dich an unserem Gespräch! Schiel dabei nicht prüfend in irgend eine Ecke, ob du da noch etwas tun könntest!“

Ja, mein lieber Sohn, mache ich!“, innerlich schmunzle ich und denke: „Ach soo schlimm bin ich sicher nicht! In den nächsten Ferien werde ich mir, meinem Mann und sogar dir (mein Junge) schon beweisen können, dass ich nicht immer rumjufle!“

Der lang ersehnte Urlaub ist da. Das Feriendomizil ist bezogen – und – schon renne ich mit meinem Allerliebsten den nächsten Hügel rauf. He, wir müssen noch Brot einkaufen. Also fahren wir sofort mit der Bergbahn wieder runter ins Dorf. Mein Mann zieht es (mit dem gekauften Brot) nach Hause und mich ins Internet-Café, dann zum Coiffeur und dann auf die Eisbahn, dann zum Willkommens – Apéro ins Skihaus! Da passiert es: „Herrjesses mein Herz rast ja wie verrückt! Etwa wegen dem Skilehrer? Oder wegen der Höhe? So, da hast du’s! Den morgigen Tag werde ich todsicher etwas gemütlicher gestalten!“

Am nächsten Morgen schaffe ich es tatsächlich eine Minute still zu sitzen – sogar auf Anhieb. Die restlichen neun Minuten sind sicher auch in sich gekehrt zu bewältigen … , habe ich gemeint! Jesses Gott! So eine Schande! Ich schaffe es nicht … Da fällt mir ein: „Gehe doch einfach in eine Kapelle, dort gelingt es dir sicher.“

Nun sitze ich  vor einem wunderbaren Altar – schon eine geschlagene halbe Minute lang! Da fällt mir ein, ich muss doch noch ein paar Kerzen anzünden. Für diese soll ich  je einen Franken ins Kässeli stecken. Habe kein Münz. Also raus in den nächst‘ besten Laden. Einfach so eine 20-er Note wechseln – ohne etwas zu kaufen – getraue ich mich nicht. Derweil schnappe ich mir ein paar Ansichtskarten und ein Heftli. Das Retourgeld wird für die Kerzen reichen. Hopp, zurück in die Kapelle. Da zünde ich die Kerzen an, clicke die Fränkler ins Kässeli und setze mich, mit einem tiefen Schnauf, auf die Betbank. Nach einer langen Minuten fällt mir ein, dass ich eigentlich die Karten jetzt schon schreiben könnte, damit sie noch rechtzeitig im Unterland bei unseren Freunden ankommen …

Die Idee, die Karten in der Kirche zu schreiben, hat sich als sehr gut erwiesen. Die Ruhe und der zart heimelige Kerzenduft hat mich dermassen beflügelt, dass ich diese Pflichtarbeit in Nullkommanix und sogar ohne Fehler habe erledigen können. Die Kartengrüsse sind erst noch rechtzeitig (vor 18.00 Uhr) in den PTT-Kasten-Schlitz gesteckt worden. Mit einem langen Schnaufer lächle ich zum Himmel: „Soseli, nun erhalten Hinz und Kunz meine Feriengrüsse bereits  morgen, anstatt erst übermorgen! Ja, gopf – zum Herrgott beten kann ich ja am morgigen Tag immer noch. Muss sowieso nochmals zur Kapelle zurück, habe dort mein Heftli liegen gelassen …

Thia, so halt! Auf jeden Fall sitze ich jetzt (schon wieder) in unserem Daheim im Unterland; leider ohne das Heftli gefunden oder nochmals gebetet zu haben. Macht nichts, für das Lesen vom Heftli hätte ich sowieso keine Zeit gehabt … und beten kann man ja auch mal später im Altersheim oder wenn man die Margritli von unten sieht! Toll und so geil, da fällt mir für www.muttiswelt.ch genau obige Geschichte ein … Habe heute zum Schreiben jede Menge Zeit; denn die Wäsche und alles andere ist von mir (mit Hilfe meines lieben Mannes) bereits gestern erledigt worden. Ausruhen kann ich mich ja am Montag im Tram immer noch! Dort hat es eine Kamera und einen Lautsprecher. Also benimm dich mutti und bleib wenigstens da easy relaxend, wie auch muxmäuschen still!

Hat nicht einmal Fjodor Dostojewski gesagt:

Einen  Gottlosen habe ich noch nie gesehen,

nur Ruhelose sind mir begegnet.

Gerade noch schnell aus dem Zug geblitzt …


Kommentare

4 Antworten zu „Wieder einmal sitzen wir …“

  1. Avatar von Zitrönli
    Zitrönli

    Es gibt doch einen Song, der heisst: „Fange nie mehr was an einem Sonntag an, an einem Sonntag, der mir meine Ruhe nahm!“

    Somit wäre für dich, liebes mutti, der Montag ein sehr guter Tag, um (d) einen ernst gemeinten Vorsatz endlich umzusetzen und zwar erfolgreich und für längerfristig (natürlich auch ohne Kamera oder Abhörwanzen)!

    Es grüsst dein Zitrönli

  2. Hm, ja so ein Ãœberschallmutti ist halt doch immer in Bewegung… Ob man da von Restless Leg sprechen kann? 😉

    Grüsse benz

  3. Avatar von Zitrönli
    Zitrönli

    Dem sage ich gestört bis hyperaktiv mit einem todsicheren Restless Leg – Syndrom. Früher hat man solchen Leuten Ritalin verordnet!

  4. He Mann, du bist im Fall tatsächlich ein Fall für so ein Psychopülverchen! Frag deinen Arzt, bevor du in der Psychi landest!

    Gruss Ivo

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert