„Prendre un enfant“
Das Lied „Prendre un enfant“ berührt mich immer wieder. Die Melodie verwandelt sich in einen sanften Ohrwurm. Schlagartig fühle ich mich behaglich und aufgeräumt. Wie schön, er hat sich wieder einmal eingenistet. Er räckelt sich gemütlich und raumfüllend in mir. Plötzlich, je nach Situation kann mein Ohrwurm kratzzappelig und ecklig werden. Er pocht, krabbelt und motzt.
„He, Mutti! Hast du immer rechtzeitig, aufmunternd, verstehend und verzeihend deine Hand deinen Kindern gegeben?“ Ebenso fragt mich der Wurm: „Was ist mit den vielen Kindern auf unserer Welt, die kaum was zu essen haben – und ihre Mütter vor Kummer und Angst die kindliche Hand kraft- und mutlos ergreifen müssen?“ Weiter lästert er: „Wie achtsam und verständnisvoll denken eure Umweltminister und Kriegsminister an unseren Kinder?“ Er spottet: „Wie viele Kinder fabrizieren mit ihren kleinen dünnen Händen für deine Kinder Spielsachen, Kleider, Spielkonsolen usw.!“ Da schmäht er auch noch fies: „Wieviele dieser beschenkten Kinder würden gerne auf Luxus verzichten und dafür lieber ein Lächeln, eine Liebkosung, ein liebes Wort von uns erhalten?“ Und er doppelt nach: „Wie viele Kinder leiden auf unserer Welt, wegen unserer Raffgier, Unachtsamkeit, Ungeduld und unserem unstillbarem Ehrgeiz und Eigennutz?“
„Och…“, denke ich und verschlucke mich dabei fast an meinem Kaugummi. Rechtzeitig kann ich diesen wieder zwischen meinen Zähnen platzieren… Denn, ich beobachte zwei ca. dreijährige Kinder. Sie versuchen, einander die Schuhe zu binden… Ich zögere erst, soll ich einspringen, oder schaffen es die Kleinen alleine? Energisch gebe ich mir einen Stoss und schon stehe ich bei den Mädchen. Lächelnd frage ich sie, ob ich helfen dürfe. Die beiden nicken strahlend. Der Kleineren darf ich sogar die Socken wieder richtig anziehen… Beide bedanken sich ganz selbstbewusst und offenherzig bei mir und betrachten dabei stolz ihre straff geschnürten Schuhe. Sie nicken sich anerkennend zu und erklettern flugs die Rutschbahn.
Noch ein paar Sekunden beobachte ich die beiden Mädchen bei ihrem Spiel! „Na, endlich!“ Mein Ohrwurm verwandelt sich wieder zum sanften „Prendre un enfant“. Aufgeräumt summe ich wieder: „Gib einem Kind deine Hand“.
Läck, schon wieder! Giftige Gedankenblitze wollen meine friedliche Stimmung erneut stören. Ein mieses Stimmengetöse lässt mich zusammenzucken: „Kindsentführung, Kindsmisshandlug!“
„Herr Gott nochmal! Lass mich zufrieden und verdrück dich!“ Das Teufelchen duckt sich und der sanfte Ohrwurm gewinnt tatsächlich wieder die Oberhand und summt und summt: „Gib einem Kind deine Hand“ … immer weiter… und weiter …
Prendre un enfant
Gib einem Kind deine Hand
Steh noch einmal wie gebannt
Vor Winzigkeiten die Dir längst bekannt
Gib einem Kind deine Hand
Halt ein Kind in Deinem Arm
Hilflos und wehrlos und warm
Und Du wirst hilflos und wehrlos dabei
Halt ein Kind für Zauberei
Tröste ein Kind wenn es weint
Und was Dir wichtig erscheint
Vor seinen Sorgen zählt das gar nicht mehr
Sorgen der Kinder sind schwer
Schenk einem Kind Deine Zeit
Zuneigung und Zärtlichkeit
Tausch Deine Hast gegen Fröhlichkeit ein
Und Du wirst selbst wieder klein
Halt ein Kind auf Deinen Knien
Und bald wird es Dich erzieh’n
Wie wertlos wichtige Dinge oft sind
Lernst Du erst von einem Kind
Zeig einem Kind selbst zu geh’n
Auf eigenen Füßen zu steh’n
Die ersten Schritte noch so ungelenk
Halt ein Kind für ein Geschenk
Dann lern Du ihm nicht im Wege zu steh’n
Lerne Dein Kind fort zu geh’n
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