Ohrwurm zum Zweiten

da diiii daa daaa da diiii da daaa

Es ist wieder einmal Sonntag und ich sitze sinnierend da. Der nächste Spielgruppenmorgen sollte doch endlich vorbereitet sein. Ein leiser Herbstwind schilpt und singt ums Haus. Ohrwürmchen „da diiii daa daaa da diiii da daaa“ erklingt in meinem Ohr. Ja, jaa, Kindheitserinnerungen… Die Melodie räkelt sich wohlig und warm in mir. Dabei sehe ich, wie Segelschiffe auf dem Meer im starken Wind schaukeln, wie die Seile und die vielen Oesen, wie Glocken, an den Mast und die Mastspitze klatschen.

Eh, das ist es ja… Mit diesem „da diiii daa daaa da diiii da daaa“ könnte ich doch auch meine Spielgruppenkinder begeistern. Also bastle ich, an dem Spielgruppendienstag, gemeinsam mit den Kindern, Segelschiffe aus Zeitungspapier. Mit viel Eifer werden noch kleine Glöcklein am jeweiligen Schiffs-Mast befestigt. Während dem konzentrierten Werken erlaube ich meinem Ohrwurm in mir zu erklingen. Leise summe ich mit, und ich erinnere mich dabei, ganz kurz, zurück in meine Kindheit.

Mein Vater, der innig und virtuos Trompete spielt, erlaubte es sich (hin und wieder, und nur bei sehr guter Laune) ans Klavier meiner Mutter zu setzen. Zum Auftakt spielte er dann jeweils dieses „da diiii daa daaa da diiii da daaa“. Sein Spiel entlockte in mir ein „Megawau“ (im Gegensatz zu meiner Mutter)! Denn wenn mein Vater Musik erklingen liess, dann zelebrierte er dies eben mit voller Inbrunst. Bei seinem „Gutlaune – Klavierspiel“ entlockte er linkshändig tiefe rollende Töne. Die Finger der rechten Hand huschten jeweils auf und ab; damit das Vorgetragene sehr weich locker und glockenhell ertönte. Nicht zu vergessen: die Pedalen! Die unterstützten das „da diiii daa daaa da diiii da daaa“ und liessen das Ganze noch tragischer und voluminöser ertönen. Dabei sah ich andauernd die Schiffe und das Meer im rhythmischen Einklang auf und ab, resp. hin und her tanzen (Meine Mutter sah dann nur ihre Nachbarn…)…

Nun, endlich stehen die gewerkelten Schiffe vollzählig auf dem Basteltisch. Zurst erzähle ich den Kleinen eine Geschichte über Segelschiffe und das Meer. Gleichzeitig kann ich ihnen beschreiben, wie das Meer tönt (lasse kleine Tischbesen über Folien fegen), wie der Wind bläst (Blasebalg Grill kräftig zusammen drücken), wie Segelschiffe im Seitenwind knirschen (kartonartiges Papier zerknüllen), wie die Oesen wie Glöcklein erklingen, usw. Enddlich komme ich dazu, mit den Kindern meine Melodie „da diiii daa daaa da diiii da daaa“ einzuüben. Da es halt leider ein Lied ohne Worte ist, können die Kinder nach ihrem Gusto die Melodie nachsummen oder mit Lo Lo, La, la singen. Man darf sagen, das Ganze tönt gewaltig; denn die Besen, Folien, Glöckchen unterstützen und umrahmen mein „da diiii daa daaa da diiii da daaa“ bestens.

Mitten in unserem Konzert, klopft es an der Tür. Ich glaube es nicht! Meine Eltern stehen da und lachen sich fast die Hosen voll! Oh Gott, die wohnen ja wirklich nicht in der Nähe, sondern mindesten 50 km von hier entfernt…. Etwas verdattert bringe ich die beiden dazu ins nächste Restaurant zu gehen und dort auf mich zu warten… Etwas zerstreut und halbsäuerlich grinsend beende ich den „da diiii daa daaa da diiii da daaa“ – Spielgruppenmorgen.

Beim Mittagessen im Restauurant wuschelt mein Ohrwurm in den Geöhrgängen auf und ab, hin und her! „Du Papi, kannst du mir sagen, was „da diiii daa daaa da diiii da daaa“ für eine Melodie ist?“ Mein Vater schmunzelt: „Mein liebes Töchterlein, das ist doch die Ouvertüre vom „Kalif von Bagdad“!“ Oh Gott, wie peinlich, das ist ja eine Liebesgeschichte in einer Wüstenstadt…. Nun ja, der Kalif wird mit seiner Adelina sicher auch hin und wieder auf dem Tigris gesegelt sein; und mit ihr im leichten Singsang-Schaukeln den Sonnenuntergang betrachtet haben.

Etwas enntspannter lasse ich meine Melodie in mir wieder auftanzen und esse gnüsslich ein Vermicelles! „Sind das nicht auch Würmer?“, wischpelt ein Teufelchen in mir. Mein Ohrwurm Nr. 2 lässt sich nicht beirren und trällert unermüdlich weiter: „da diiii daa daaa da diiii da daaa!“
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