Der Leinwandmesser …

war ein Pferd, über dieses der grosse Schriftsteller Leo Tolstoi eine sehr berührende Erzählung geschrieben hatte.

Diese Geschichte spielte sich ungefähr vor ungefähr 160 Jahren in Russland ab.

Dort auf einem herrschaftlichen Gestüt beherbergte ein reicher Gutsbesitzer über hundert Pferde. Diese wurden vom kundigen Pferdeknecht Nester, sowie vom jüngeren und etwas gleichgültigen Waska betreut.

Der Pferdeknecht Nester wählte als sein Reit- und Arbeitspferd einen schon sehr ins Alter gekommenen Wallach. Nester nannte dieses Arbeitstier liebevoll „Dreckbatzen“, weil dieses nicht nur unschön grau, sondern auch scheckig, verfilzt und sehr mager aussah. Für den etwas arbeitsfaulen Waska war dieser Schecke ein Dorn im Auge. Er wollte nicht verstehen, warum er ausgerechnet eine solch erbärmliche Kreatur besser betreuen sollte als alle anderen Arbeitstiere. Waska trieb sich während seiner Freizeit sehr aktiv in den Gasthöfen herum. Nester musste ihn deswegen öfters ausschimpfen und ermahnen.

So kam es dann halt, dass Waska den Schecken, während unbeobachteten Augenblicken plagte oder sich an ihm rächte … Der Wallach seinerseits liess sich nichts anmerken. Ihm machten mehr die Hänseleien der anderen Arbeitstiere und der Zuchtpferde zu schaffen. Besonders die Stuten plagten und verhöhnten ihn wegen seiner Hässlichkeit. Dabei schlugen sie ihm ihre Hufe in die Flanken. Sie lachten dann schrill wiehernd über seine unbekannte Abstammung. Denn im Gegensatz zu ihm verfügten alle Pferde über einen guten Stammbaum.

Wieder einmal, nach einem strengen Arbeitstag, ritt der Wallach mit seinem Meister zum heimatlichen Hof zurück. Der Gutsherr rief Nester zu, dass er sich beeilen solle. Damit er dem Gast noch vor dem Eindunkeln  die Stallungen zu zeigen konnte. Nester beauftragte deshalb Waska seinen „Dreckbatzen“ abzusatteln und trocken zu reiben. Dieser dachte nicht im Traum daran, diesen „krätzigen Gaul“ anzurühren, geschweige denn zu pflegen. Der Schecke blickte deshalb hilfesuchend zu Nester.

Dabei erkannte „Dreckbatzen“ den Besucher, der sich mit Nester in die Stallungen entfernte: „Das ist ja mein geliebter Fürst, bei dem ich es vor langer Zeit so schön und lustig hatte!“ Der Schecke wieherte aufgeregt los, damit sein ehemaliger Herr ihn entdecken sollte. Niemand ausser die Pferde beachteten sein Rufen. So stand der reiterlose „Dreckbatzen“ ganz traurig, immer noch gesattelt und mit hängendem Kopf da. Die anderen Pferde scharten sich foppend um ihn. Sie traten ihn mit ihren Hufen. Der Wallach nahm resigniert die Schläge hin, ohne zu reagieren. Eine alte Stute, namens Wiasopuricha, die den Besucher auch erkannt hatte, erbarmte sich seiner, und mahnte die Herde zur Ruhe. „Er ist gar kein Papierloser!“, wieherte sie in die Menge. Da sie eine allseits geachtete Anführerstute war, gehorchten ihr die Pferde sofort. Sie versammelten sich um die Stute und den alten Schecker. Dieser fühlte sich wieder besser, und er begann zu erzählen:

Mein richtiger Name ist Mushik I. Ich war der Sohn von Liubesnyj I und Baba. Ich wurde auf dem gleichen Hof geboren wie unsere Führerin Wiasopuricha. Meine Mutter betrachtete nach meiner Ankunft schnaubend mein scheckiges Fell, und stiess mich lieblos zur Seite. Auch die Pfleger verlachten mich anfangs. Einzig die Pferdeschar freuten sich über meine Geburt. Sie schleckten mich ab und schon bald akzeptierte mich auch meine Mutter. Eines Tages kam der Stallmeister und führte meine Mutter fort. Ihr Gewieher klang so traurig in meinen Ohren und ich rief ihr ebenso wehklagend zurück. Nach einiger Zeit kam sie zurück und alles schien in Ordnung.

Doch meine Mutter war nicht mehr die gleiche. Sie wies mich öfters ab. Schliesslich wurden wir voneinander getrennt. Meine Mutter hatte ein wunderschönes Fohlen geboren und logierte mit ihm auf der Fohlenweide. Dafür durfte ich mit Wiasopuricha zu den anderen Pferden auf die grosse Koppel. Wiasopuricha und ich hatten viel Spass miteinander. Sie liess mich sogar auf ihrem Rücken reiten. Eines Tages bemerkte dies unser Besitzer. Der schalt den Stallmeister deswegen ganz schrecklich. Die Knechte bekamen sogar Schläge, als bemerkt wurde, dass meine Geliebte von mir ein Fohlen trug. Mich nahm man aus der Gruppe, und noch am gleichen Tag wurde ich kastriert. Ich begriff sofort, dass nun mein Leben einen anderen Lauf nahm, als ursprünglich vorgesehen.

Die Pferdeknechte behandelten mich von da an sehr unflätig. Sie hielten mir immer wieder vor, dass sie wegen mir (dem räudigen As) ausgepeitscht wurden. Auch der Graf wollte nicht mehr, dass ich ein Pferd seines Gestüts sei. Er degradierte mich und verschenkte mich dem Stallmeister als Arbeitspferd. Doch dieser hatte keine Zeit um mich zu pflegen. Er überliess dies den Stallknechten. Ich fühlte mich sehr unglücklich. Ich durfte nicht mehr der Hengst namens Mushik I sein, sondern ich war von da an nur noch ein scheckiger Wallach.

Glücklicherweise zeigte ich mich sehr gelehrig, bei der Arbeit. Ich lief problemlos am Strick und zog mühelos die Wagen mit den schweren Lasten. Dies imponierte den Stallknechten und etwas später auch dem Stallmeister. So übte man mit mir das Traben ein. Da bestaunten alle ganz verwundert meine tolle Gangart. Ich trabte so langbeinig wie wenn ich Land oder Stofflängen abmessen würde. Deshalb bekam ich vom Stallmeister den Namen „Leinwandmesser“. Einmal stiessen mich die Stallknechte unvermittelt und voller Uebermut in die Trainingsbahn der warmblütigen Rennpferde. Hei das war lustig. Ich rannte los und galoppierte wie die Pferde vor mir. Dabei überholte ich schon beim ersten Mal das beste Rennpferd vom Grafen. Die Knechte berichteten dies meinem Stallmeister. Dieser wollte dies auch sehen. So gab auch er mir einen kräftigen Stoss, damit ich nochmals dem besten Rennpferd hinterher laufe. Der Meister stellte mit Schrecken fest, dass ich sogar viel stärker galoppieren konnte als angenommen… Der Stallmeister und seine Knechte waren ratlos, denn der Graf durfte auf keinen Fall wissen, dass er dem Stallmeister ein so talentiertes Pferd geschenkt hatte. Voller Angst, dass dies rauskommen könnte, verkaufte der Stallmeister mich für achthundert Rubel einem Pferdehändler. Ein Husarenoffizier konnte mich, dank meiner Schecken, für wenig Geld erstehen. Dieser verkaufte mich dann für gutes Geld an den Fürsten, namens Nikita Serpuchowskoj.

Beim diesem Fürsten  verbrachte ich die schönste Zeit meines Lebens. Deshalb habe ich so stark gewiehert um dem Fürsten zu zeigen, dass ich hier sei… Dieser besass ein riesiges Gestüt für die Zucht von Traber. Ich bekam auf diesem Hof, als persönliches Eigentum vom Fürsten die Aufgabe seine Kutschen und Schlitten zu ziehen. Obwohl ich dem Fürst sein Eigentum war, wollte er mich nicht selber pflegen. Er beauftragte deshalb den Kutscher Feofan mich zu betreuen. Schon bald durfte ich den Fürsten rumkutschieren. Der Kutscher Feofan hockte sich jeweils auf den Bock und gab mir die Befehle, wie und wohin ich zu reiten hatte. Im Winter durfte ich die beiden in einem Schlitten durch Moskau ziehen. Feofan schaute darauf, dass ich immer ein schönes glänzendes Fell hatte. Er fütterte und tränkte mich reichlich. Ein Stallknecht musste mir dann vor einem Ausritt die Hufe einschmieren, sowie Mähne und Schopf sorgfältig kämmen!

Manchmal zog ich, gemeinsam mit einem sehr starken und schnellen Hengstrappen, die wertvolleren und schweren Gespanne des Fürsten. Diese Ausritte waren besonders spassig und lustig. Feofan der Kutscher trieb uns dann jeweils (auf Geheiss des Fürsten) zum schnelleren Trab an. Die beiden jauchzten und wir zwei wieherten fröhlich, wenn wir zum Beispiel durch die Strassen von Moskau rasten, und die Leute deswegen vor Schreck auf die Seite sprangen. Oft hielten wir vor fremden Portalen. Das war für mich besonders interessant; denn da warteten noch andere Kutschengespanne. Wir wurden am meisten bewundert, weil unsere Kutschen und Schlitten besonders vornehm und gediegen aussahen. Natürlich glänzte auch ich ganz toll mit den anderen Pferden um die Wette. Die Leute würdigten meine stattliche Postur und meine langen Beine. Es lachte niemand wegen meinem Schecken-Fell. Im Gegenteil alle begutachten es als sehr apart und besonders schön. Wenn meine Herrschaften wieder ins Gespann einsteigen wollten, rief Feofan: „Vorfahren bitte!“ (und nicht wie heutzutage mit einem rauen „Vorwärts!“). Am meisten liebte ich es, andere Gespanne zu überholen und dem Jauchzen meines Kutschers zuzuhören.

Eines Tages, es war Winter, zog ich meinen Herrn und meinen Feofan im Schlitten zum Portal einer Schnee – Rennbahn. Der Fürst befahl dem Kutscher mich mich mit dem Schlitten auf die Rennbahn zu lenken. Da trabte ich mit dem wunderschönen und so leisen Gefährt das erste Rennen. Dieses gewann ich unter Johlen und Jauchzen der Zuschauer mühelos. Auch in den nachfolgenden Rennen wurde ich meistens als Sieger gefeiert. Der Fürst bekam deshalb viel Geld und Auszeichnungen. Es wurden ihm auch viele Scheine geboten um mich zu kaufen. Doch der Fürst meinte, einen guten Freund verkauft man nicht einfach so …

Einmal nach einem siegreichen Renntag wollte der Fürst vom Kutscher und mir noch zu seiner Geliebten gefahren werden. Diese war leider schon weggefahren. So musste ich ohne Ruhepause ihrem Schlitten folgen. Ihr Vorsprung war enorm. Auf Geheiss vom Fürsten musste Feofan mich antreiben, damit ich schneller trabte. Diese Geschwindigkeit genügte dem Fürsten nicht und er befahl Feofan, mich galoppieren zu lassen. Meine Hufen schlugen dabei bei jedem Galopp am eisigen Vorderteil vom Schlitten an. Wir erreichten zwar auf diese Weise die Dame noch rechtzeitig. Doch diese gab dem Fürsten den Laufpass. Der Fürst wurde darüber dermassen wütend, dass er dem Kutscher befahl, ihn in seinem Gespann schnurstracks nach Hause zu bringen. Es war ihm egal, ob ich ausgeruht war oder nicht. Zu Hause liessen sie mich am Schlitten angespannt einfach stehen. Ich zitterte am ganzen Körper und konnte vor Herzrasen nichts fressen. Zudem schmerzten meine verwundeten Beine und Hufen sehr. Niemandem kam es in den Sinn diese zu verarzten und zu pflegen. Erst am nächsten Tag bekam ich etwas zu trinken. Danach stellte man mich einfach in den Stall und ich wurde sehr krank und magerte ab. Die schweren Plessuren und Vernarbungen an den Beinen machten mir zu schaffen. Nach ein paar Tagen fielen mir die vereiterten Hufe ab. Meinen lustiger Kutscher bekam ich kaum noch zu sehen – und – wenn er einmal da war, behandelte er mich sehr grob. Er selber verkam gänzlich. Denn, er hatte sich angewöhnt, den Fürsten über den Verlust seiner Geliebt zu trösten. Dabei tranken sie beide gemeinsam um die Wette.

Dem Fürsten und Feofan bedeutete ich nichts mehr. Ich wurde von ihnen nie mehr an ein Rennen geführt. Man nannte mich nicht mehr „Leinwandmesser“. Ich war für den Besitzer und meinen Betreuer nur noch eine Ware, die man rasch möglichst verkaufen musste. So kam ich namenlos und ganz verlaust wiederum zu einem Pferdehändler. Dieser peinigte mich sehr – und peitschte mich aus, damit ich vor den Augen eines möglichen Käufers einen verschüchterten Eindruck hinterliess. Der Pferdehändler verkaufte mich schliesslich an eine alte Dame. Da konnte ich mich etwas erholen und wurde von ihren Angestellten einigermassen aufgepäppelt.

Diese Dame hatte grosse Freude daran, ihr Personal auszupeitschen und zu nötigen. Auch mein Kutscher bekam seine Prügel ab, so dass er sich jeden Abend bei mir ausweinte. Als die Dame starb, verkaufte mich der Verwalter an einen Hausierer. Bei dem musste ich auf dem Feld arbeiten und bekam nur Weizen zu fressen. Davon wurde ich wiederum sehr krank. Beim Pflügen verwundete ich öfters meine Beine. Zu den alten Narben erhielt ich viele neue. Ich sah wiederum sehr erbärmlich aus. Ein Zigeuner erwarb mich dann im Tauschgeschäft und verkaufte mich schliesslich unserem Gutsverwalter.

So stehe ich nun da mit euch auf der Weide und fühle mich entsetzlich und grässlich gedemütigt, weil mich vorhin Fürst Nikita Serpuchowskoj, der doch mein bester Herr gewesen war (bis ihm seine Geliebte fortgelaufen war), nicht erkannt hatte. Ich selber sichtete den Fürsten sofort, auch wenn er heute so dick und aufgedunsen aussieht und keine edle Uniform mehr trägt. Glücklicherweise habe ich mich daran gewöhnt, nichts besonderes mehr zu sein. Auch hatte ich gelernt, Gefühle und Erwartungen zu unterdrücken. Eigentlich was sollte ich mich grämen, ich müsste ja wirklich zufrieden sein, dass Nester mich so gut behandelte und mich als sein Arbeitstier auserkoren hatte …“

In diesem Augenblick tauchte der Stallknecht Waska auf. Er näherte sich der versammelten Pferdeherde und führte den erzählenden „Dreckbatzen“, alias Leinwandmesser, mit derben Worten weg. Waska legte dem Schecken eine alte Decke über den Rücken – nicht nur weil es regnete … Dann schwang er sich auf das für ihn so verhasste Pferd und jagte es über das Feld zur nächsten Gaststätte. Da liess er Leinwandmesser einfach im Regen stehen. Wie gewohnt wartete der Schecke geduldig auf die Rückkehr seines Reiters. Auf einmal spürte Leinwandmesser ein leises Jucken auf seinem Rücken. Dieses anfangs noch angenehme Gefühl wurde immer stärker, so dass er schon bald unangenehm tänzelnd von einem Bein aufs andere treten musste …

Unterdessen sitzen im Gutshaus der Hausherr und die Hausdame mit ihrem Gast immer noch im Salon. Nikita führte sich gegenüber der Frau, welche ein Kind erwartete, übertrieben liebenswürdig auf und erlaubte sich zweideutig mit ihr zu sprechen. Dies eigentlich nur, um ihr zu zeigen, dass er wusste, dass sie nur die Geliebte vom Hausherr wäre. Der Hausherr spürte, dass sich die Unterhaltung für seine Geliebte und Frau sehr unangenehm wurde. Deshalb führte er diese sehr liebevoll und aufmerksam in ihr Schlafgemach, damit sie sich die dummen Sprüche nicht mehr anhören musste. Unterdessen, im Stillen, gestand sich Nikitia ein, dass die beiden ein sehr schönes und ein gut aufeinander abgestimmtes Paar abgaben. Er spürte, dass sie einander sogar achteten und liebten. Das stimmte ihn etwas ärgerlich und eifersüchtig. Als der Hausherr wieder zurückkam und sich zu seinem Gast setzte, begann Nikita voller Neid von seinen glorreichen Zeiten zu erzählen. Er übertrieb dabei sehr und trank dabei auch unanständig über den Durst. Plötzlich hielt Nikita inne und erzählte dem Gastgeber etwas weinerlich von seinem einstigen glorreichen Traber „Leinwandmesser“. Dieser wäre nicht nur sein bester Traber gewesen, sondern, der wäre der beste aller Zeiten gewesen. Der Hausherr bejahte dies anerkennend. Er hätte auch viel Ruhmreiches von „Leinwandmesser“ gehört – und komischerweise sei dieser einfach von der Bildfläche sang- und klanglos verschwunden! Dies bedaure er besonders, da er dieses Pferd auch gerne besessen hätte …

Währenddessen ritt Waska mit dem „Dreckbatzen“, der eigentlich Landmesser hiess, vom Gasthof wieder nach Hause zurück. Er sattelte ihn ab und stellte dabei voller Freude fest, dass das Lieblingspferd von Nester die Räude hatte. Waska unterrichtete am hellen morgen Nester darüber. Schweren Herzens musste der einsehen, dass sein geliebter Schecke, nebst seinen anderen Leiden, nun auch noch an dieser höchst ansteckenden Krankheit erkrankt war. Da der Gutsherr keine derart kranken Tiere auf seinem Hof duldete, blieb Nester nichts anderes übrig, als das Pferd von Waska zum Abstecher zu bringen zu lassen. Der kranke Schecke nähert sich vertrauensvoll dem Metzger. Als ihm das Blut aus dem Hals rann, fühlte sich der einst so berühmte Traber „Leinwandmesser“ sehr wohl und es wurde ihm immer leichter. Benommen liess er sich ins kühle Gras fallen. Die ganze Schwere seines Daseins war auf einmal weg. Er durfte sich endlich ausruhen und für immer einschlafen. Beim Abhäuten meinte Waska dann zum toten Tier: „Du warst eigentlich doch ein gutes Pferd! Hätte man dich nur etwas besser gehalten und ernährt, könnte ich an deinem Fell noch etwas dazu verdienen, so ist diese Haut nur noch für unsere Hunde gut genug!“ Ein armer Bauer fand etwas später die Gebeine des Pferde und verkaufte es für gutes Geld an einen Leimmacher.

Uebrigen ist Nikita an diesem Morgen, als der berühmteste Traber, names Leinwandmesser sterben durfte, guter Dinge vom Hof seines Gastgebers abgereist, ohne eines der angebotenen Pferde zu kaufen. Ihm hätte das eine oder andere Pferdchen insgeheim schon gefallen … Wieder einmal mehr musste er sich damit zufrieden geben, „so zu tun als ob“! Insgeheim wussten alle, dass Nikita bankrott war (eine seiner späteren Geliebten hatte ihm ganz raffiniert sein sehr grosses Vermögen verschleudert…) Die so genannte bessere Gesellschaft luden den herunterkommenden Nikita, dank seinem Titel „Fürst“ hin und wieder zu sich ein, damit sie als Gastgeber an der Prahlerei von Nikita etwas Vergnügen hatten. Gerne verabschiedeten sie ihn dann wieder, sehr scheinheilig und hinter seinem Rücken lachend. Als Nikita starb, hatten ihm ein paar Leute ehrenvolles fürstliches Begräbnis ausgerichtet. Sie zwängten sogar den dicken und aufgeschwemmten Verstorbenen in seine alte fürstliche Uniform, damit er unter der Erde noch weiter etwas von seinem alten Glanz verbreiten durfte.

Der im Himmel angekommene Leinwandmesser erzählt nun Allen, die von ihm wissen wollen, wie es den Tieren auf der Erde unten so ergeht, folgendes:

„Das ist eine ganz komplizierte Sache. Die Menschen lassen sich nicht von Taten, sondern nur von Worten leiten. Derjenige Mensch, welcher, zum Beispiel sehr viele Güter und Tiere besitzt, meint er sei der glücklichste Mensch. Er beklagt sich aber über andere die mehr haben, als er selber … So ein begüteter Mensch sagt, das ist „mein“ Pferd. Er reitet aber nicht auf ihm; sondern er lässt ganz andere Menschen auf ihm reiten. Dieser füttert auch„sein“ Pferd nicht selber. Er beauftrag dafür andere Leute. Der Betreuer darf aber nicht sagen, das ist „mein“ Pferd …“

Tolstoi’s Philsopie bringt es auf den Punkt:

Einzig die einfache Arbeit gibt den Menschen Glück und Zufriedenheit. Denn Besitz verlockt den Menschen zur Sünde und die Anhäufung von Reichtümer entsittlicht ihn. Gut sein und ein gutes Leben führen, bedeutet anderen mehr geben, als man von ihnen nimmt, denn auf Tugenden gegründetes Glück wird durch nichts zerstört. Die Menschen leben nicht davon, dass sie für sich selbst sorgen, sie leben von der Liebe, die in den Menschen ist.

Mutti ergänzt: Lieber Leinwandmesser, es gibt tatsächlich Menschen auf der Erde, die Pferde (und alles andere was auf der Erde kräucht und fleugt) enorm ausbeuten und ausnützen. Doch es gibt sie auch die Leute auf unserer Erde, die mit viel Energie und Enthusiasmus,  mit euch Pferden einen achtsamen und verantwortungsvollen Umgang pflegen.

Fotos: Mutti / Gestüt nähe von Heidelberg / Pferdegespann in Paris



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