… wollte ebenso wie wie Hugo von Hoffmansthal im Ersten Weltkrieg seinem Vaterland dienen …
Hermann Hesse kam im Juli 1877 im Nordschwarzwald zur Welt. Seine dichterischen und zeichnerischen Fähigkeiten entdeckten seine Eltern bei ihm bereits mit vier oder fünf Jahren. Sein Vater, der Arzt war, stammte aus Russland (Estland). Seine Mutter war ein Schwäbin. Beide prägten ihren Hermann in seiner frühen Kinder- und Jugendzeit. Sie förderten schon früh seine kulturelle und intellektuelle Begabung. Leider versuchten sie ebenso beharrlich, ihm ihre missionarische Gesinnung zum evangelischen Christentum aufzudrängen.
Hermann Hesse liebte seine Heimatstadt sehr. Er fühlte sich da sehr wohl und gut angenommen, obwohl sein Vater, wegen seiner baltischen Abstammung und wegen seiner wortkarger Art, eher etwas kritisiert wurde. Nichts desto trotz verlebte Hesse seine ersten paar Kinder- und Jugendjahre ganz unbeschwert. Er liebte den Kontakt mit anderen Kindern, um mit ihnen in den Gassen, auf den Brücken und bei der Kapelle von Calw zu spielen.
Hermann Hesse’s Eltern zogen 1881 nach Basel, im Auftrag der Basler Mission. Die ganze Familie bürgerte sich dort ein. Hesse besuchte die Internatsschule der Mission. Bereits hier schrieb er sein erstes Märchen „die beiden Brüder“. (Dieses wurde aber erst 1951 publiziert). Nach fünf Jahren zogen seine Eltern wieder nach Calw zurück. Die Latainschule von Göppingen schloss Hesse mit zwanzig Jahren erfolgreich ab. Für den Eintritt ins evangelische theologische Seminar von Maulborn (im Jahre 1891), musste er das Schweizer Bürgerrecht abgeben und stattdessen wieder die württembergische Staatsbürgerschaft annehmen (als einziger seiner Familie). In Maulborn begann er zu rebellieren und flüchtete aus dem Seminar. Seine Konflikte mit seinen Eltern, und seine diversen Auflehnungen gegenüber verschiedenen Anstalten und Schulen, machten ihm ebenso zu schaffen, wie seiner Familie. Er wurde depressiv und wollte sich sogar 1892 umzubringen. Seine Eltern überwiesen ihn in die Nervenheilanstalt von Stetten, wo er „abgesperrt von der Welt“ behinderte Kinder unterrichten musste. Der junge Hesse fühlt sich von seinen Eltern sehr unverstanden. Er bricht sogar mit seinem Vater und schreibt ihm einen agressiven und sarkastischen Brief. In diesem Schreiben siezt er ihn sogar und klagt ihn an, dass er von ihm in ein Zuchthaus eingewiesen worden wäre. Hier werde er zum Welthasser und zum Verbrecher. Sein Brief endet mit ungefähr diesen Sätzen:
Ich beginne mir Gedanken zu machen „wer“ in dieser Affäre schwachsinnig ist. Ich fühle mich von Gott, meinen Eltern und der Welt verlassen. Ich sehe in hinter euren evangelisch – religiösen Traditionen nur noch die Scheinheilligkeit.
Hermann Hesse durfte noch im gleichen Jahr ins Gymnasium Cannstatt übertreten. 1893, nach einem erfolgreichen Jahr, wollte er auch da nicht mehr weiter „machen“. Er entscheidet sich für eine Buchhändlerlehre in Tübingen (Fachrichtung Theologie, Philologie und Rechtswissenschaften). Goethe, Lessing und Schiller wurden seine Vorbilder. 1894 unterbrach er seine Ausbildung und liess sich in der Turmuhrfabrik von Calw als Mechanikerlehrling einstellen. Die monotone Arbeit behagte ihm gar nicht. Er wusste jetzt, dass für ihn nur noch die Literatur und geistiges „Arbeiten“ in Frage kommen. Gleichzeitig fand er den Zugang ihn die deutsche Romantik (Novalis, Brentano, Eichendorff und Tieck). Ihre Art zu schreiben überzeugte ihn. Im Oktober 1895 fand er nach Tübingen zurück und nahm seine Lehre als Buchhändler nochmals in Angriff. Bereits während seiner Lehrzeit vertiefte er sich in die theologischen Schriften von Goethe, dann in die Bücher von Lessing und Schiller. Noch vor seinem Abschluss studierte er zusätzlich die griechische Mytologie. 1896, also bereits vor seinem Abschluss veröffentlichte er sein Gedicht „Madonna“ in einer Wiener Zeitung. 1898 schloss er seine Ausbildung erfolgreich ab. Er arbeitete weiter als Buchhändler und erlang mit seinem guten Gehalt die finanzielle Unabhängigkeit von seinen Eltern. 1898 veröffentlichte Hesse seinen ersten Gedichtsband „Romantische Lieder“ und „Eine Stunde hinter Mitternacht“. Zuerst hatte er mit diesen beiden Werken keinen so grossen Erfolg. Erst später, dank einem Leipziger Verleger, erfolgte sein Durchbruch, der sich auch finanziell auszahlte.
Hermann Hesse zog es im Herbst 1899 wieder nach Basel zurück. Etwas später lebte er mit seiner neu gegründeten Familie am Bodensee. Ende 1901 kündigte er seine Anstellung und reiste durch Italien. Nach seiner Rückkehr erhielt er in einem Antiquariat in Basel wieder eine Stelle. Er veröffentlichte seine Werke zuerst anonym. Ab 1904 erschienen seine Werke unter seinem richtigen Namen. Von diesem Zeitpunkt an, konnte er wieder ohne finanzielle Sorgen leben.
Hermann Hesse schloss sich 1907 dem Wanderdichter Gusto Gräser an. Beide liessen sich als Einsiedler in Ascona nieder. Gräser eröffnete ihm, nah dies nah, den Zugang zur östlichen Kultur und deren geistigen Welt. 1910 kehrte Hesse wieder ins bürgerliche Leben zurück. Er fiel wieder in eine Krise und bereiste 1911 Ceylon und Indonesien. Er wollte da spirituell dazu lernen. Sein Werk „Aus Indien“ widerlegten seine Empfindung, nicht weiter gekommen zu sein. Hesse kehrte in die Schweiz zurück und schrieb in Bern seinen Roman „die Rosshalde“.
Hermann Hesse meldete sich sich, als 1914 der erste Weltkrieg ausbrach, als „Freiwilliger“ bei der deutschen Botschaft in Bern. Sein Begehren wurde abgelehnt wegen seiner Sehschwäche, Nerven- und Kopfschmerzen (er wurde bereits in seinen jungen Jahren vom Militärdienst ausgemustert). Anstelle eines Kriegseinsatzes durfte er in Bern, bei der deutschen Botschaft, in der Kriegsgefangenfürsorge arbeiten. Er sammelte dort Bücher und Schriften und verschickte diese an deutsche Kriegsgefangene. Mit dieser Arbeit und seiner politischen Schriften (unter anderem auch in der NZZ), wandelte er sich vom Kriegsbefürworter zum Kriegsgegner.
Hermann Hesse zog sich, politisch und seelisch vereinsamt, wieder zu Gräser zurück, der in der Zwischenzeit, ebenso wie er, zum Kriegsgegner geworden war. Hesse und Gräser schlossen sich der Gemeinschaft der „Gezeichneten“ an. Sein grosser Roman „Demian“ widmete er Gusto Gräser und veröffentlichte diesen 1919, unter dem Pseudonym Emil Sinclair. Thomas Mann war einer der ersten der dieses Buch würdigte: „Diese Dichtung entspreche dem Nerv und Leben der damaligen Zeit“.
Hermann Hesse emigrierte noch im gleichen Jahr ins Tessin. Hier begann er wieder zu zeichnen und Aquarelle zu malen. Gleichzeitig schrieb er seine Erzählung „Klingsors letzer Sommer“. Er illustrierte darin seine neuesten Skizzierungen. 1922 unternahm er diverse Reisen nach Indien. Diese Reisen und die dortigen kulturelle Eindrücke prägten ihn und sein weiters Schaffen enorm. In seinem indischen Roman „Siddhartha“ beinhaltete er viele asiatische Weisheiten und Ansichten.
Hermann Hesse erhielt 1923 wieder das schweizerische Bürgerrecht. In den Jahren 1914 bis 1927 erlebte Hesse nicht nur Veränderungen in seinem Schaffen; auch privat musste er in diesem Zeitraum einige Schicksalsschläge hinnehmen. Sein Vater starb, sein dreijähriger Sohn hatte ein Hirnhautentzündung und seine Frau wurde schizophren. Er selber wurde psychisch krank. Ausserdem liess er sich in dieser Zeitphase zweimal scheiden. Seinen Ex-Frauen widmete er je einen Roman (1916 Iris und 1922 Pictors Wandlungen). Seiner dritten Frau widmete er das autobiographische Märchen „der Vogel“. 1925 schrieb er die Romane „der Kurgast“ und „die Nürnberger Reise“. Sein erfolgreichster Roman „der Steppenwolf“ schrieb er 1927.
Hermann Hesse lebte von nun an im Tessin und wurde von da an sehr verehrt. 1931 begann er mit den Entwürfen, für sein letztes Werk, „Das Glasperlenspiel“. Dieses Buch wurde 1943 in der Schweiz gedruckt und herausgegeben.
Hermann Hesse erhielt 1946 den Nobelpreis für Literatur. Schon vor dieser Preisverleihung wurde er regelmässig von den grossen Dichtern wie Bertold Brecht, Max Brod, Annette Kolb im Tessin besucht; ebenso die Verleger Fischer und Suhrkamp. Thomas Mann (1875 – 1955) besuchte Hesse zeitlebens, zum Teil mit seiner Familie. Hesse zog sich in seinen letzten Jahren etwas zurück. Doch er beantwortete stetig seine Fanpost (ca. 35’000 Briefe). 17’000 von seinen Antwortschreiben sind heute noch vorhanden. 1962 verstarb Hesse an einem Gehirnschlag. Er wurde neben Hugo Ball im Friedhof von Montagnola begraben.
Hermann Hesse beschreibt in seinem Gedicht „Stufen“ sehr eindrucksvoll und mit viel Poesie, sein steter Wandel, vom Dunkeln ins Licht!
Stufen
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern
Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
in andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
an keinem wie an einer Heimat hängen.
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
er will uns Stuf‘ um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
uns neuen Räumen jung entgegensenden,
des Lebens Ruf an uns wird niemals enden…
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!
“
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