Hallo lieber Gott, nach dem Sündenfall hast du uns zur Arbeit verdonnert und zur Erholung folgenden Rat mit gegeben: „Am siebten Tag sollst du ruhn’ oder sonst was Schönes tun!“ Ruhetage sind wirklich schön, erholsam und erbauend, wenn… das gegenseitige nachbarschaftliche Hüten von Haus und Garten bei Ferien- und Wochenendabwesenheiten nicht wär’!
Erklärung: Else bewohnt mit ihrem Mann Puzel ein gepflegtes Häuschen, direkt neben uns. Die beiden sind wie mein Mann und und ich, schon etwas älter und gutbürgerlich pensioniert. Die beiden sind wie wir, Grosseltern und weit gereist. Wir wohnen Zaun an Zaun und können uns so, je nach Wetter und Weltlage mütterlich besorgt oder auch eifrig gackernd unterhalten.
Es ist nicht zu umgehen, dass wir einander, ohne dass wir wollen, ins private Gärtchen äugen müssen, dürfen, möchten. Mein Mann und ich müssen uns eingestehen, dass das Gärtchen von Else und Puzel etwas adretter und geschniegelter hergerichtet ist, als unseres. Ihre zierlichen Buchshecken und Bäumchen umrahmen den englischen Rasen in einem untadeligen Grün. Kein verirrtes Rosenblatt liegt am Boden, kein vermehltes Blatt hängt am Baum, keine verblühte Blume darf länger als eine Stunde am Strauch oder sonst wo hängen. Alles Unpassende wird möglichst schnell entsorgt. Sogar die Schnecken werden von Else frühmorgens liebevoll zerschnitten und landen in der grünen Tonne. Die prallen Würmer werden von Else gefühlvoll in die richtige Gartenecke gezügelt, damit sie nicht sinnlos unter dem Gartenzaun zu uns rüber kriechen können. Puzel beobachtet Else stets rührend und auch etwas besorgt, wie sie den blitzblanken, planerisch gut durchdachten Garten immer wieder geometrisch abmisst und anschliessend alles wieder symmetrisch genau in Form bringt. Er guckt deshalb so besorgt, weil er ihr doch helfen möchte. Doch sie verweist ihren Puzel ins Haus, damit er da alles zum Glänzen und Erstrahlen bringen solle.
Else möchte halt, dass drinnen und draussen alles hundertprozentig stimmt. Jeder hat doch seine Aufgabe. Wo kommen wir dahin, wenn einer macht was er will. Alles muss seine Ordnung haben, gut abgesprochen und dann soll es auch entsprechend konkret korrekt ausgeführt und umgesetzt sein. Der Platz und die Zeitplanung für den Beginn der Arbeit und deren Verlauf soll ebenfalls minutiös bestimmt und durchgesetzt werden. Else erklärt uns immer wieder: „Eigenmächtig und ohne gegenseitige Absprache geht bei uns gar nichts. Das Bild muss einfach stimmen, sonst kann man zusammenpacken!“ Wer dann zusammenpackt bleibt offen…
Ebenfalls liegen die blitzblanken Gartenwerkzeuge, assortiert und parallel aufgereiht, auf der mit Marmor belegten Werkbank. Fast täglich wird die spitze Nagelschere für die Buchsbaumfiguren benutzt. Die Haushaltschere bestimmt die Richtung der Rasenkanten, die Ecken und Rundungen der Buchshecken. Eine Gartenschere für die Rosen, eine andere für den Fliederbaum und eine andere für die Zierbäume warten fein säuberlich geschliffen auf ihren Einsatz. Die elektrischen Trimm- und Hackgeräte, zum Entstauben der Nadelhölzer, zum Zurechtstutzen der Buchsreihen, stehen auch immer unter Strom und allzeit bereit… nicht vergessen Schnur und Metermass. Alles schön griffbereit zur Tat. Noch einmal: das Bild muss stimmen und hundertprotzentig perfekt sein!
Wir unsererseits, mein Fröhlich und ich, haben da etwas kanibalerische Vorstellungen von Gartengestaltung und Gartenpflege. Unser Garten ist mehr ein Spielplatz zum Experimentieren, als fürs fachlich korrekte Manipulieren. Deshalb müssen wir uns von Else und Puzel, nach unserer Ferienabwesenheit, resp. nach ihren sorgfältig ausgeführten Betreuungstagen in unserem Garten, so manches anhören, was noch zu machen, zu reparieren, zu erfüllen, zu lösen sei … Auch erfahren wir da nebenbei, was in unserem Garten brauchbar ist oder eben ein Furz!
Beispiel: „Diese Sonnenblume ist ein Oberfurz, sie verliert Blütenstaub, sie macht dadurch den Steinboden fleckig und ihr Samen zieht Mäuse an… dann hast du diese im Keller und dann hast du die Sauerei!“ Nach einer Pause: „Ach, noch was, die mehligen Blätter eurer Sonnenblume habe ich entfernt!“ – Ich zähle auf hundert und antworte: „Danke Else, ist lieb von Dir!“
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